Mittwoch, 10. April 2013

Gretas Blog: Bhavatu sabba mangalam! - May all beings be happy!


27.03.13 Vipassana-“to see things as they really are“


An diesem Tag begann mein 10-tägiger Vipassana Meditationskurs nahe Auckland. Olga und ich hatten uns im Voraus schon über alle Details informiert und ich war darauf vorbereitet,  nichts außer Kleidung mitzubringen. Zehn Tage durfte ich somit nichts mit mir nehmen, keinen Stift& Block, kein elektronisches Gerät, kein Buch, keine Stricknadeln wirklich nichts mit was man sich annähernd beschäftigen konnte. Etwa 150 Menschen waren in dem Zentrum angekommen, Männer und Frauen allen Alters. Wir hatten streng Geschlechter getrennte Bereiche, in denen jeder eine Einzelzelle/ZIMMER zugewiesen bekam. Während dem Abendessen durften wir uns noch unterhalten und so hatte ich ein nettes Gespräch mit der Franzosin Cindie, die von dort an meine Meditationsfreundin wurde.
Danach mussten wir uns alle in der Halle versammeln,  um unsere erste Meditation zu absolvieren und von da an galt die Noble Silence, das hieß absolutes Schweigen!
Diese erste Stunde auf meiner kleinen Matte und einem Kissen konnte ich keine fünf Minuten eine Position beibehalten, geschweige denn meinen natürlichen Atem ohne ihn zu kontrollieren zu beobachten. Mein Kopf hatte stattdessen alles andere zu tun, nach zwei Atemzügen war er bereits gelangweilt und beschäftigte sich lieber mit der Planung meines weiteren Aufenthaltes, leckeren Kuchen, der Frage des Studiums usw.. Danach dachte ich mir nur ob ich eigentlich von allen guten Geistern verlassen worden war, einen zehn-tägigen Meditationskurs zu absolvieren, wenn ich so ein Zappelphilipp bin.


Nr. 24 mein Zimmer


Der Stundenplan für die darauf folgenden Tage:
  • 4.00 a.m. Morining wake-up bell
  • 4.30-6.30 a.m. Meditate in the hall or own room
  • 6.30-8.00 a.m. Breakfast break
  • 8.00-9.00 a.m. Group Meditation
  • 9.00-11.00 a.m. Meditate in the hall or own room
  • 11.00-1.00 p.m. Lunch break, rest and interviews with the teacher
  • 1.00-2.30 p.m. Meditate in the hall or own room
  • 2.30-3.30 p.m. Group Meditation
  • 3.30-5.00 p.m. Meditate in the hall or own room
  • 5.00-6.00 p.m. Tea break
  • 6.00-7.00 p.m. Group Meditation
  • 7.00-8.15 p.m. Teacher's Discourse
  • 8.15-9.00p.m. Group Meditation
  • 9.00p.m. Retire to your own room -Lights out
Mein typischer Tagesablauf:
  • 10.45 std. pro Tag meditiert
  • sonst jede Minute geschlafen

Jeden Tag bekamen wir eine Aufgabenstellung, mit der wir uns in der Meditation befassen sollten.
Diese wurde von S.N. Goenka, dem Mann der die Meditationstechnik nach 2500 Jahren wieder entdeckte, auf einer CD in jeder Kursstunde vorgetragen.

Der Kurs ist in drei Teile unterteilt: man sollte sich aber die ganze Zeit im Gleichmut üben!
  • Anaphana, die Beobachtung des natürlichen Atems (1.-3.Tag)
  • Vipassana, die Beobachtung der Empfindungen im gesamten Körper ( 4.-10.Tag)
  • Metta, die Fokussierung feiner Empfindungen und die Gedanken der Liebe, des Frieden usw. (10.Tag)

! Bitte unbedingt das Lied anhören (→ am Ende jeder Meditation fing dieses Lied plötzlich an und man erschreckte sich jedes Mal!)



1.-3. Tag

Pünktlich um 4.25 Uhr saß ich wieder auf meiner Matte nur mit dem Unterschied, dass ich zwei Kissen und eine Decke dazulegte. Ich präparierte mir meinen Platz so gemütlich wie möglich und hoffte, dass es besser laufen würde. Nachdem Goenka uns gefühlte tausend mal berichtete immer gleichmütig zu bleiben und nicht sauer, traurig, enttäuscht zu sein wenn es nicht gleich auf Anhieb klappen sollte, versuchte ich mir das auch einzureden. Leider ohne Erfolg. Natürlich zweifelte ich an mir, ob es nicht vielleicht eine Nummer zu schwer für mich sei und wie ich es um Himmelswillen nur schaffen sollte zehn Tage still dazusitzen. Wann immer ich mich auf meinen Atmen konzentrieren wollte, kontrollierte ich ihn und wenn ich ihn mit Absicht nicht kontrollierte, war es meinem Geist zu langweilig.

Am zweiten Tag mussten wir nur das Dreieck von Oberlippe zu der Nase beobachten und den Atmen auf der Haut spüren.
Die Aufgabenstellung am dritten Tag, war die Beobachtung der Empfindungen in dem Dreieck.

am letzen Tag, aber so sah unsere Halle
unser Gemeinschaftsraum


4.Tag Vipassana

Jetzt wurde es langsam interessanter, wir bekamen eine lange Einführung in Vipassana und hatten dann die Aufgabe in unserem ganzen Körper auf Gefühle zu achten. Man sollte immer von Kopf zu Fuß jeden kleinen Fleck am Körper beobachten. Ich hatte noch nie darauf geachtet, ob ich meine Ohrenspitzen, mein Kinn, all meine Zehen einzeln, meine Achselhöhlen usw. fühlen können. Gar nicht so einfach, aber mittlerweile hatte ich eine gute Meditationsposition gefunden. Nur wenn der Schmerz in Rücken, Knien, Hals und Schultern unerträglich wurde, veränderte ich meine Stellung.


5.-8.Tag Schmerz

Ab dem fünften Tag wurde es noch etwas schwieriger, da man sich in jeder Gruppenmeditation nicht mehr bewegen durfte. Wir sollten lernen,  schöne wie negative Empfindung neutral zu sehen, da man ja im Leben auch nicht nur schöne Momente erlebt, sondern auch schlechte Zeiten gut meistern muss.
Es war immer lustig zuzusehen, wie jeder seine eigene Methode hatte seinen Platz so bequem wie möglich herzurichten. Es gab Leute, die sich richtige Throne aus Kissen und Decken erbauten, aber leider immer noch nicht zufrieden waren.

Am siebten Tag passierte etwas Unvergessliches, in einer Gruppenmeditation waren alle sehr konzentriert und vertieft und wie schon erwähnt an jedem Ende einer Sitzung fing Goenka für ein paar Minuten an zu singen und man erschreckte sich immer ein wenig. Doch in dieser Sitzung erschreckte sich ein Mann so sehr, dass er laut aufschrie. Alle in der Halle kämpften mit sich, nicht loszulachen, wir hatten seit sieben Tagen nicht gelacht. Doch einer konnte sich nicht mehr halten und löste eine Kettenreaktion aus. Wir alle lachten aus vollem Herzen. Ich saß da, unverändert in meiner Position, aber das Lachen platze einfach aus mir heraus, ich weinte so sehr und mein gesamter Körper füllte sich mit einer gewaltigen Masse von Glücksgefühlen. Das war ein wundervoller Moment!

So vergingen die Tage und mal lief es besser mal schlechter.


10.Tag

Dies sollte der Tag sein, an dem wir endlich wieder reden durften. Nach dem Frühstück lernten wir noch eine wundervolle andere Art der Meditation kennen. Man sollte für 5-10 Minuten all die Empfindungen, die man in dem Moment fühlt mit schönen Emotionen und Gedanken verknüpfen. Am Ende wünschte man allen Lebewesen Liebe, Freude, Frieden und Zufriedenheit.
Dann war es endlich soweit, die Noble Silence galt nur noch während der Gruppenmeditationen.
Ich ging aus der Halle und die Sonnenstrahlen kitzelten auf meiner Haut, auch in meinem Körper kribbelte es. Ich hatte so viel Liebe und Glücksgefühle in mir. Beim Betreten des Gemeinschaftsraumes überrollte mich der Geräuschpegel, all diese Stimmen! Als ich dann selbst anfing zu sprechen, war mir meine Stimme richtig fremd. Aus jedem sprudelte es einfach nur raus und obwohl wir kein einziges Mal während der zehn Tage kommunizierten, kannten wir uns alle und waren bereits Freunde.
Ich habe an dem Tag sehr viel gelacht!
Die ganzen Geschichten zu hören, wie andere Leute schier verzweifelten, in den Kursen mit Augen offen dasaßen und andere beobachten wie sie einschliefen oder von ihren Kissenbergen langsam runterrutschten, waren so befreiend.
Alle waren wir stolz auf uns selbst und auf alle anderen!
Jeder gab sich Komplimente und es lag ganz viel Liebe und Freude in der Luft.

meine Meditationsfreunde
Happy Birthday liebe Olga!


11.Tag

Am Frühstück verabschiedete ich mich von allen und eine Inderin nahm mich mit zu meinem nächsten HelpX.


Es war eine einmalige, besondere und atemberaubende Erfahrung!
Auf jeden Fall habe ich meinen Körper kennengelernt, ganz viel Energie getankt, meine Lebenslust und der Wille Neues zu erlernen sind auch gewachsen. Ich kann sagen, dass sie mein Leben in vielen kleinen Bereichen verändert hat, aber erleuchtet bin ich noch lange nicht. Die Liste meiner Ziele, was ich noch alles in meinem Leben erleben und lernen möchte ist dreimal so lang wie davor. Ich freue mich auf meine Zukunft und auf all die Dinge, die ich noch vor mir habe!

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